Dienstag, 8. Juli 2008

Warum Schattenkrieg? Oder: Die Vampirromanseuche

„Vampirromane? Naja, die Welle ist ja schon wieder ein wenig abgeklungen, meinst du nicht?“

So die Worte meines Freundes, der letztes Wochenende eindeutig eines Besseren belehrt werden sollte. Als wir uns an besagtem Tag als lustiges, rollenspiel- und kaufhungriges Quartett auf die Räder zur Feen-Con machten um zwei Tage inmitten eines bunten Haufens aus Würfelfreaks, Fantasyfans, Piraten, mittelalterlichen Rittern und Hofdamen zu verbringen, hatte ich nebenbei auch die Gelegenheit, mich wieder ein wenig auf dem aktuellen Buchmarkt umzusehen. Neben Rollenspiel, Tabletop und dem Mittelaltermarkt bietet die Con auch eine gute Plattform für Jungautoren um ihre Werke an Ständen bzw. bei Lesungen vorzustellen.

Und ich wurde von einer Flut aus Vampirromanen schier erschlagen!

Messen, Buchläden, Kataloge… überall wimmelt es plötzlich vor Vampirromanen, die wie Pilze aus dem Boden zu sprießen scheinen. Ob das an dem neuen, melancholischen Trend Emo liegt? Wie auch immer, mich beschäftigte selbstverständlich in diesem Kontext erst einmal eine andere Frage:

Ist diese Vampirromanseuche nun gut oder schlecht für unseren eigenen Roman Schattenkrieg?

Auf der einen Seite hat es natürlich Vorteile in einem populären Genre zu schreiben, denn offensichtlich gibt es jede Menge Interessenten an dem Thema. Auf der anderen Seite erhöht es die Chance dass ein Buch in der breiten Masse des Angebots einfach verschwindet. Angesichts dieser Tatsache muss sich eine Autorin, die sich in ehrgeizigen Träumen bereits als J.K. Rowling 2 sieht, fragen: „Aber warum ist mein Roman besser? Warum ist er anders als die anderen?“

Um diese Frage zu beantworten, sehen wir uns doch erst einmal an wie der „Standartvampirroman“ gestrickt ist:

Wir haben, natürlich, die toughe unglaublich gutaussehende aber unter Umständen ein bisschen naive Heldin, die irgendwie „anders“ ist als alle anderen. Und dann ist da der vampirische Held, selbstverständlich nicht minder sexy, irgendwie cool, gefährlich, katzenhaft und… was war noch wichtig? Ach ja, er trägt Lederhosen. Naja sie verfällt allmählich seinem Bann, er auch dem ihren, da ganze ausgeschmückt durch mehrere intrigante Nebencharakter und diverse Verwicklungen, die das Beiwerk zu den gehäuften erotischen Szenen stellen. Das Ganze geht… einfach irgendwie einen Tick melancholisch aus, bitte, die angemessene Melancholie ist ganz wichtig bei solchen Romanen… habe ich die Lederhose schon erwähnt?

Na gut, Scherz beiseite, aber trotzdem sind mir bei den Romanen, die derzeit auf den Markt strömen, gewisse Gemeinsamkeiten aufgefallen. Vampire haben stets die Rolle als mysteriöse. aber deswegen reizvolle Kreatur der Nacht, mächtige aber dennoch mitunter tragische Gestalten. Sex spielt ebenfalls immer eine Hauptrolle, meist steht die erotische Anziehung eines Blutsaugers im Mittelpunkt des Romans. Es sind die typische Fantasien, die Menschen mit dem Wesen Vampir verbinden, mit denen hier gespielt wird.

Schattenkrieg bietet nun wenige dieser vampirischen Stereotypen, die Charaktere sind so vielfältig und individuell, wie die Menschen, die sie zuvor waren. Sicher, es gibt verführerische Männer und Frauen, sicher, es gibt auch gefährliche Blutsauger, die sich halb der blutdurstigen Kreatur in ihrem Inneren ergeben haben. Aber es gibt auch Scherzkekse, Feiglinge, Hitzköpfe und Schüchterne unter ihnen, mit den verschiedensten Schwächen und Vorzügen.

Sex spielt in unserem Roman eher eine untergeordnete Rolle, ebenso wie der Konflikt zwischen Menschen und Sterblichen. Vampire müssen nicht töten, um zu überleben und die meisten gehen Bindungen eher unter ihresgleichen ein. Sicher, den einen oder anderen Unsterblichen mag es geben, der sein Herz an eine schöne junge Maid verlor (oder es auch wöchentlich verliert, wie Cedric, Wills älterer Bruder), aber auch hierauf liegt nicht der Fokus, ebenso wenig wie auf dem Kampf der Vampire mit ihrer Sterblichkeit.

Was denn sind sonst die Themen unseres Romans? Eine merkwürdige, verbotene Liebe im Sinne der Romeo und Julia Problematik, Freundschaft und Feindschaft und die schmale Grenze zwischen ihnen, ein erbitterter Krieg, in dem nicht alles so schwarz und weiß ist, wie es zunächst scheint. Das alles vor dem Hintergrund einer nebligen, düsteren Stadt des Mittelalters und auf steinigen Burgen. Mag jetzt sehr philosophisch und hochgeschraubt klingen. Doch soweit ich weiß, hat bisher noch kein Autor die Elemente Vampir und Mittelalter verbunden und zugleich die Unsterblichen von ihrem obligatorischen Stereotypimage befreit und vollkommen andere Themenschwerpunkte gesetzt.

Diese Verbindung macht Schattenkrieg zumindest auf seine Art einzigartig und lässt es trotz Romanschwemme aus dem Genre hervorstechen. Ob es aber auch gefällt? Das ist allerdings leider wiederum eine ganz andere Frage… deren Antwort nur die Zeit zeigen wird.

Freitag, 20. Juni 2008

Faszination Vampir

Über keine andere Kreatur der Nacht wurde so viel geschrieben und so viele Filme gedreht wie über Vampire, keine andere vermag die Phantasie der Menschen so zu fesseln. Vampire sind allgegenwärtig – von der Karnevalsverkleidung als Dracula über das beliebte Kultmusical "Tanz der Vampire", die Anne Rice Chroniken, Filme wie "Underworld" oder "Van Helsing". Warum aber ausgerechnet Vampire? Was ist so speziell an ihnen, dass es sogar ganze Subkulturen gibt, die sich dem Vampirismus verschrieben haben?


Jahrelang war ich nur Ahnung in dir

Jetzt suchst du mich und hast Sehnsucht nach mir

Nun freu dich – uns beide trennt nur noch ein winziges Stück

Wenn ich dich rufe, hält dich nichts mehr zurück

Getrieben von Träumen und hungrig nach Glück

~ "Gott ist tot" , Tanz der Vampire ~


In den frühsten, ländlichen Legenden, die über die Blutsauger auftauchten, waren Vampire als brutale Monster gefürchtet, die nachts in die Hütten einbrechen und Menschen töten. Erst mit dem Aufkommen der modernen Schauerromantik, beginnend mit Bram Stokers bekanntem Roman "Dracula", begann sich das Bild des Vampirs zu wandeln.


Nächtliche Jäger

Heiß und schnell schoss sein Blut in ihren Mund und wie benommen schluckte sie es. Wie von weither hörte sie sein überraschtes Aufstöhnen, spürte, wie sich sein Griff lockerte, doch über allem hörte sie seinen pochenden Herzschlag, wie ein tiefes Pulsieren in ihrem ganzen Körper, als sein Blut durch ihren Mund rann und weiter heiß in ihre Adern floss. Die Welt verschwamm für einen Moment vor ihren Augen, wurde unwichtig, bedeutungslos, wie alles außer dem schnellen Pochen, der Hitze, der süßen Wärme…

~Schattenkrieg, Teil I~

Vampire sind gefährlich, daran besteht kein Zweifel. Sie sind die eleganten, lautlosen Jäger und ihre Beute sind die Sterblichen. Ob sie bei dieser Jagd tatsächlich töten oder nur wenige Schlucke nehmen und ihr Opfer erschöpft in den Seidenlaken nach einer leidenschaftlichen Nacht zurücklassen, bleibt sich im Wesentlichen gleich. Ein Vampir ist immer ein Raubtier, das sich meist nimmt ohne vorher lange zu fragen oder zu bitten.

Doch im Gegensatz zu anderen düsteren Kreaturen der Mythologie, wie Werwölfen, hat der Vampir meist auch eine nur allzu menschliche Seite, kann liebenswert, charmant, sarkastisch oder aber auch kalt, grausam und zynisch sein. Häufig werden Vampire, die ja oft über hundert Jahre und mehr zählen, als weise und den Menschen intellektuell wie auch in spiritueller Einsicht hin als überlegen dargestellt. Dieser Kontrast zwischen dem blutdurstigen, primitiven Raubtier und auf der anderen Seite fast idealisierten Übermenschen, die in der Figur des Vampirs vereint sind, ist eine Überzeichnung eines typischen menschlichen Konflikts: Hin- und Hergerissensein zwischen Bauch und Kopf, zwischen triebhaften Gefühlen und Wünschen auf der einen Seite und den kühlen Vorgaben des Verstandes und der Logik auf der anderen. Wir erkennen uns in der Figur des Vampirs wieder und wollen gleichzeitig so sein wie er, wollen intelligent und überlegen sein und zugleich unsere tiefsten Wünsche und Bedürfnisse ausleben.


Unwiderstehliche Verführung

Kühle, nackte Haut schmiegte sich gegen die ihre, hungrige Küsse ließen ihr Herz schneller schlagen und ein schwaches Stöhnen entfloh ihren Lippen, als sie sich seinen so wunderbar zärtlichen Berührungen hingab. Ceciles lange, schlanke Beine schlangen sich um seine Hüfte und ihre Finger vergruben sich fest in seinen weichen Locken, zogen ihn wieder zu sich, sodass sie ihn erneut küssen konnte. Hitze durchflutete ihren ganzen Körper und schwache Lichtpunkte schienen vor ihren Lidern zu tanzen als er seine Lippen weiter über ihren Hals wandern ließ.

~Schattenkrieg, Teil I~

Ironischerweise ist die einzige Möglichkeit, so wie der Vampir zu werden, seine Beute zu sein. In den meisten Vampirromanen wird ein Mensch in einen Vampir verwandelt, wenn letzterer ihm das Blut aussaugt und ihm anschließend noch von seinem eigenen Blut zu trinken gibt. Doch in den meisten Fällen haben die Unsterblichen dies gar nicht im Sinn, sondern es geht ihnen nur um Blut ihrer Beute, das sie benötigen, um ihre eigene unsterbliche Existenz aufrechtzuerhalten. Selbstverständlich kann es sich dabei auch um einen brutalen und gewalttätigen Akt handeln, doch in vielen Vampiruniversen kommt hier die Macht von Verführung und Erotik ins Spiel.


Doch ich geb dir was dir fehlt

Eine Reise auf den Flügeln der Nacht

In die wahre Wirklichkeit

In den Rausch der Dunkelheit

~ "Gott ist tot" , Tanz der Vampire ~


Vampire sind verführerische, begehrenswerte Kreaturen, ausgestattet mit jenem düsteren Charme, mit dem sie auf mehr oder weniger übernatürliche Weise Sterbliche an sich ziehen. Als betörend sinnliche Liebhaber oder Liebhaberinnen vermögen sie Menschen in einen wahren Rausch aus nie gekannter Ekstase und Begehren zu versetzen, dessen Höhepunkt in ihrem blutigen Kuss gipfelt. Die masochistische Lust, die sie dabei bereiten, jene vollkommene Kontrolle über Leben und Tod eines Menschen, trägt ebenfalls zu dem bei, was uns an Vampiren so stark anzieht, rührt an dunkleren Seiten unserer Persönlichkeit , die wir bei Tageslicht verstecken oder überspielen mögen.


Melancholie der Ewigkeit – zwischen Leben und Tod

Seine Hand schloss sich um den Stiel der Rose, so fest, dass sie zitterte und die Dornen in seine Handfläche stachen. Noch einmal blickte er hinab auf die friedlichen Gesichtszüge und hörte dumpf sein eigenes Herz schlagen, ein Beweis der Sterblichkeit, die auch in ihm noch ruhte, trotz der Unvergänglichkeit seines Körpers.

Wenn man die ganze Ewigkeit vor sich liegen hatte, vergaß man viel zu schnell, dass dennoch nichts ewig währte.

"Verzeih mir…"

~Schattenkrieg, Teil I~

Gefährlich, verführerisch, elegant – so ist das Erscheinen eines Vampirs in den meisten Adaptionen. Doch meistens haftet den Unsterblichen auch eine tragische, melancholische Note an, die ihren Ursprung eben in ihrer unsterblichen Existenz hat. Vampire sind tot, und dennoch wandeln sie auf Erden. Sie können in der Welt der Sterblichen in der Regel problemlos als solche durchgehen, doch sind kein wirklicher Teil davon. Wenn draußen die Sonne scheint, sind sie gezwungen, sich an dunklen Orten zu verstecken. Ihre Familien und Freunde aus sterblichen Tagen sind längst tot und ruhen in der Erde und vom beständigen Wandel des Lebens, von neuen Trends, Gewohnheiten oder Lebensweisen sind Vampire oft ausgeschlossen. Wie sehr ein Vampir sich auch anstrengen oder vergeblich danach streben mag am sterblichen Leben teilzuhaben, am Ende ist er immer nur eine räuberische Kreatur der Nacht, gierig nach dem Blut der Lebenden. Auch die hochtrabendsten Ziele werden angesichts der Ewigkeit lächerlich und nichtig. Was nutzt Geld, was nutzt Ruhm oder politische Macht über die Jahrtausende hinweg?


Ewigkeit ist Langeweile auf Dauer

Ein trostloser Kreislauf, kein Anfang kein Schluss

Denn stets wiederholt sich dasselbe von vorne

~ "Ewigkeit" , Tanz der Vampire ~


So stehen die Vampire früher oder später gezwungenermaßen einer Frage gegenüber, die auch viele Menschen plagt: Was ist der Sinn des (Un)lebens? Doch wo Menschen die Antwort in Gott oder im Glauben an die Wiedergeburt finden mögen, eröffnet sich für den Vampir ein Dilemma: Wenn es Gott gibt, wieso tut er es seinen Kreaturen an, für alle Ewigkeit nicht lebend und nicht tot auf Erden wandeln zu müssen? Gibt es vielleicht keinen gütigen, sondern vielmehr einen grausamen Gott? Oder ist Gott wirklich tot?

iese persönliche Tragik ist ein weiterer Teil der Faszination Vampir, denn sie lässt uns diese scheinbar übermenschlichen Kreaturen näherrücken. Ironischerweise ist genau das, was sie über uns hebt auch das, worum sie uns so schmerzhaft beneiden: Das Leben. Ihre eigene unsterbliche Existenz, ein Traum, so alt wie die Menschheit selbst, wird zu einer Last. Denn Leben ist bekanntermaßen nur bedeutungsvoll, wenn es auch einen Sinn hat.

ie Anziehungskraft der Vampirfigur hat somit neben dem generellen Reiz des Übernatürlichen und Unheimlichen ihren Ursprung in äußerst menschlichen Bedürfnissen und Wünschen: Ewiges Leben und Schönheit, Weisheit, Leidenschaft, Begehren aber auch paradoxen Gelüsten, wie Melancholie, Einsamkeit und die Lust an der Selbstaufgabe. Menschen, die sich für Vampire begeistern, werden vermutlich zumindest einige dieser Wünsche ihr eigen nennen. Vampire bieten viele unterschiedliche Facetten und überspitzter, moralischer Dilemma, welche Menschen nicht unvertraut sind. Solange diese existieren, solange werden Menschen sich weiter mit dem Mysterium Vampir beschäftigen, und solange ist kein Ende des Siegeszugs der Blutsauger in Sicht.


Wir sind gekommen – und bald gehört uns die Welt

Wir tauchen aus der Nacht – Passt auf! Jetzt wolln wir Glitzer und Glanz

Passt auf! Jetzt wollen wir alles uns ganz

Passt auf! Jetzt laden die Vampire zum Tanz

~ "Finale" , Tanz der Vampire ~

Donnerstag, 19. Juni 2008

London im Jahre 1307

Jede Stadt hat einmal klein angefangen – auch die Weltmetropole London an den Ufern der Themse im Südosten England.

Schon zur Zeit der Eroberung Britanniens durch die Römer war die Stelle, an der später London entstand, ein wichtiger Anlaufpunkt, da das Wasser der Themse hier flach war und der Fluss leicht überquert werden konnte. Eine zunächst kleine Siedlung, genannt Londinium, wurde an diesem Punkt nördlich der Themse gegründet, die durch ihre günstige Lage innerhalb der nächsten zweihundert Jahre der römischen Besatzung zur blühenden Hafen- und Handelsstadt wurde, der größten römischen Stadt Britanniens, in der wahrscheinlich mehrere zehntausend Menschen lebten.

Mit dem Verschwinden der Römer aus Britannien im vierten Jahrhundert wurde Londinium jedoch mehr und mehr sich selbst überlassen und war schließlich weitestgehend verlassen. Es dauerte weitere vierhundert Jahre, bevor die zu dem Zeitpunkt in England vorherrschenden Angelsachsen die Stadt wieder zu neuem, nennenswerten Leben erweckten.

Obwohl die Hauptstadt Englands zu dem Zeitpunkt Winchester war, wurde London im politischen und handelstechnischen Sinne vor allem unter dem angelsächsischen König Æthelstan immer wichtiger. Æthelred II. schließlich machte London zu seiner Hauptstadt.

Die Eroberung der Normannen unter William the Conquerer im Jahre 1066 wird in England als Beginn des Mittelalters angesehen, und in dieser Zeit bekam London das Gesicht, das es im Jahre 1307 besaß.

Bereits die Römer hatten eine Stadtmauer errichtet, die für die nächsten Jahrhunderte das Stadtbild Londons prägen sollte. Sie bildete lange Zeit die Grenze zwischen der Stadt und dem Umland, weshalb London zunächst fast ausschließlich innerhalb seiner Mauern wuchs, und kaum darüber hinaus. Etwas weiter flussaufwärts lag Westminster, das im siebten Jahrhundert um ein damals entstandenes Kloster gegründet, und um das Jahr 1200 zur Königsresidenz ernannt wurde. So schlug das Herz Englands an zwei dicht beieinander liegenden, aber doch getrennten Orten: die City of London war das Handelszentrum, und Westminster offizielle königliche Hauptstadt und Regierungszentrum.

Im Jahr 1307 lebten um die 80000 Menschen in dem kleinen London, das heute als die City of London gilt, der historische Kern der Stadt. Es heißt man hätte die damalige Stadt, seien die Straßen leer gewesen, innerhalb von zwanzig Minuten durchqueren können. So lebten Arm und Reich nah beieinander, Häuser wohlhabender Kaufmänner und Bauten wie Baynard’s Castle am Themseufer, das im Laufe der Zeit bis zu seiner Zerstörung im Großen Feuer 1666 als Festung, Haus und Palast diente, standen nur wenige Straßen entfernt von engen, schmutzigen Gassen, in der die ärmsten Bewohner Londons zu finden waren.

Auf den großteils ungepflasterten Straßen und Gassen wimmelte es von Leben. Nicht bei wenigen von ihnen verrät der Name, welche Güter man in ihnen erstehen konnte: Poultry beispielsweise war der Geflügelmarkt, in der Bread Street reihten sich die Bäcker, in die Threadneedle Street ging man, wenn man sich neue Kleider schneidern lassen wollte, und in die Candlewick Street, wenn man Kerzen brauchte. Cheapside war die Hauptstraße des Markts, eine der breitesten und saubersten der Stadt, in der sich viele Händler und Goldschmiede niedergelassen hatten. Wenn man dazu bedenkt, dass sich an ihrem östlichen Ende der größte Brunnen Londons befand, bekommt man eine Ahnung davon, wie geschäftig es in diesem Teil Londons zugegangen sein muss.

Die Straßen waren fast alle sehr schmal, die Häuser dicht an dicht gebaut, um die vielen Menschen aufzunehmen. Fast überall war es schmutzig, der Anblick von Ratten Normalität. Es gab offene Ablaufrinnen, und die Bewohner warfen oft ihren Dreck aus dem Fenster in die allgemeine Richtung dieser Rinnen. In Englands Städten war es üblich, dass jeder selbst für die Sauberkeit des Straßenabschnitts vor seinem Haus verantwortlich war, doch die einzigen Anlässe, sich daran zu halten, waren in den meisten Fällen ein Besuch des Königs oder ein Ausbruch der Pest, der 1307 jedoch noch dreißig Jahre auf sich würde warten lassen.

Die Häuser waren entweder aus Fachwerk oder noch völlig aus Holz gebaut, nur wenige konnten sich Steinbauten leisten, die Dächer waren teilweise noch mit Stroh oder Binsen gedeckt. Dadurch war die Stadt einer ständigen Feuergefahr ausgesetzt, und es war die Pflicht eines jeden Bürgers, bei einem Brand mit allem, was sie hatten, beim Löschen zu helfen. Zwar war im Jahre 1213 verboten worden, Häuser mit Stroh, Binsen oder Schilf zu decken und stattdessen Ziegeln oder Schindeln zu verwenden, und für Außenwände mehr Stein zu benutzen, doch wurde dieses Gesetz zunächst offenbar ignoriert. Innerhalb der Häuser war es oft dunkel, feucht und kalt, die kleinen Fenster sollten nur möglichst wenig Wärme nach draußen abgeben und wurden im Winter mit Stroh verschlossen.

Die einzige Brücke über die Themse war die London Bridge. Bereits die Römer hatten an dieser Stelle das erste Mal eine Brücke errichtet, die im Laufe der Zeit einige Male durch Eroberungsversuche und Brände beschädigt oder zerstört und wieder neu aufgebaut wurde. Im Jahr 1209 wurde schließlich die erste Steinbrücke fertig gestellt, auf der auch Häuser und in ihrer Mitte sogar eine Kapelle errichtet waren. Zur Sperrstunde abends zwischen acht bis neun Uhr wurde sie bis früh morgens für die Durchfahrt gesperrt, so wie die Stadttore geschlossen waren.

Die London Bridge führte nach Southwark, das zwar zu London gehörte, aber dennoch außerhalb seiner rechtlichen Kontrolle lag. Diese Tatsache machte es zu einem Anziehungspunkt für Kriminelle und freie Händler. Auch hier gab es einen Markt, den Borough Market, und das Gebiet war bekannt für seine Schenken, besonders The Tabard, die auch in Chaucers Canterbury Tales erwähnt wird.

Heute können wir uns nicht mehr wirklich vorstellen, wie das Leben in London Anfang des 14. Jahrhundertes gewesen sein muss. Natürlich, wir haben Quellen, die davon erzählen, wenige Bauten als Zeitzeugen, die nicht dem Großen Feuer von 1666 zum Opfer gefallen sind, doch auch durch sie können wir lediglich einen Eindruck gewinnen, bekommen eine Ahnung, ein Gefühl für das Vergangene.

Mehr wird uns wohl immer vorenthalten bleiben.


Quellen: siehe Schattenkrieg bei Oneview

Sonntag, 15. Juni 2008

Herzlich willkommen im Schattenkrieg!

Herzlich willkommen auf unserem Blog zum Roman Schattenkrieg!

Schattenkrieg ist ein bisher noch unveröffentlichter Vampirroman, der im England des 14. Jahrhunderts spielt. Zwischen der ersten, völlig unausgegorenen Idee vor etwas mehr als vier Jahren bis zum jetzigen etwa 600 Seiten starkem Werk liegen unzählige nächtliche Schreiborgien, diverse 100-Seiten-Feiern beim Mexikaner, Kreativrunden mit rauchenden Köpfen, Hunderte von vollgekritzelten Konzeptseiten und Chatlogs, Recherchen zu Themen wie der Existenz von Straßenpflaster oder dem historischen Ursprung des Fluchworts "shit", mit der Uhrzeit schlechter werdenden Insider Witze, Tränen, Freude und Aufregung unserer treuen Betaleser, Dutzende von Fanfictions, Fanarts, Reviews, gelegentliche Identitätsverluste zu Gunsten gewisser Romanfiguren…

Auf den Seiten dieses Blogs möchten wir nun in den kommenden Monaten folgendes veröffentlichen:

  • News und Updates zur Korrektur von Schattenkrieg
  • Informationen über das Leben im England des 14. Jahrhunderts
  • Mythen und Legenden über Vampire aus aller Welt
  • Hintergründe zu Schattenkrieg und unserer Welt
  • Generelle Information zum Projekt und der Entstehungsgeschichte von Schattenkrieg

Wir wünschen unseren treuen Lesern und selbstverständlich auch jedem neugierigen Interessenten viel Spaß beim Eintauchen in unsere düstere-phantastische Welt…

Elias MacGregor & William Crowe